Kurzportrait – Modellkommune Karlsruhe – Interview mit Herr Ulrich Wagner

Wir haben bei Ulrich Wagner, Bereichsleiter Verkehr im Stadtplanungsamt der Stadt Karlsruhe nachgefragt, was sich die Stadt von der Auswahl und der Umsetzung des Modellvorhabens erhofft.

Kompetenznetz: Herr Wagner, warum haben Sie sich als Modellkommune beim Kompetenznetz beworben?

Ulrich Wagner: Gesucht wurden Projekte, die hochwirksame Maßnahmen zum Klimaschutz im Verkehr umzusetzen. Dies kann unter anderem dadurch gelingen, dass Fahrten mit dem motorisierten Individualverkehr (dem eigenen Auto) auf den Umweltverbund (Bahn, Rad, zu Fuß) verlagert werden. Das machen wir schon seit 2005 mit sehr erfreulichen Ergebnissen. Laut der SrV-Erhebung von 2018 haben wir bereits einen Radverkehrsanteil von 31 Prozent erreicht. Das Thema Radverkehr steht ganz oben auf unserer Agenda und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation für Radfahrer werden bei allen Planungen konsequent mitgedacht. So hat der Verkehrsentwicklungsplan aus dem Jahr 2012 einen eigenen „Baustein Radverkehr“.

Wir sind nun aber an einem Punkt angelangt, an dem durch reine Verbesserungen für den Radverkehr kein weiterer Zuwachs mehr zu erzielen ist. Nun müssen Maßnahmen umgesetzt werden, die den bisher gedachten Vorrang des PKW-Verkehrs infrage stellen und – wo erforderlich – auch etwas beschneiden, zum Beispiel durch Wegnahme einer Fahrspur zugunsten eines verbesserten Angebots für Radfahrer.

Kompetenznetz: Mit welchem Projekt wurden Sie ausgewählt?

Seit Jahrzehnten wird in der Stadtgesellschaft über die Herrenalber Straße im Stadtteil Rüppurr kontrovers diskutiert. Während die einen die Trennwirkung der Straße und deren negative Auswirkungen bemängeln, weisen die anderen auf die verkehrliche Bedeutung der Straße hin. Eine umfassende Verbesserung der Gesamtsituation ist für den Zeitraum ab 2025 geplant.

 

Unser Projekt zielt auf die Verbesserung des Radverkehrs in der Herrenalber Straße und dort ganz konkret ab dem Knoten Battstraße bis zur Stadtgrenze in Richtung Ettlingen.

 

Mit der vorgezogenen Umgestaltung dieses Knotenpunktes können gleichzeitig mehrere Teil-Projekte befördert werden und verschiedene Problemlagen verbessert werden. In dieser integrierten Maßnahme werden vorausschauend alle tangierenden Mobilitäts- und Klimaschutzfragen berücksichtigt und adäquat beantwortet.

 

Kompetenznetz: Welche Vorteile erhoffen Sie sich von der Umsetzung?

Durch die Umsetzung dieses Projekts erhoffen wir uns gleichzeitig eine ganze Reihe von Vorteilen. Ob dies gelingen wird, werden wir mit einem Verkehrsversuch ab Februar 2022 überprüfen. Folgende Themen haben wir im Blick:

 

  • Radverkehr:

Zusätzlich zum innerstädtischen Radverkehr verläuft in diesem Bereich auch das übergeordnete RadNetz BW, mit der wichtigen Verbindung zur Großen Kreisstadt Ettlingen. Nördlich des Knotens wird der geradeaus führende Radfahrstreifen von 1,5m auf 2,1m verbreitert. Für linksabbiegende Radfahrer wird ein neuer Radfahrstreifen von 1,75m Breite eingerichtet. Südlich des Knotens wird der gemeinsame Rad- und Fußweg von 1,5m auf 3,75m Breite mehr als verdoppelt, im weiteren Straßenverlauf auf 2,75m bzw. 2,5m verbreitert. Insgesamt wird in diesem Bereich ein deutlich verbessertes Angebot für Fußgänger und Radfahrer realisiert.

 

  • Fußverkehr:

Die Trennwirkung der Herrenalber Straße soll durch eine verbesserte Fußverkehrsführung – und im Zuge des Gesamtumbaus durch weitere Querungsmöglichkeiten – verringert werden. Im Bereich des Knotenpunktes Herrenalber Straße/Battstraße befinden sich zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten des täglichen Bedarfs, Arztpraxen, Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Kleingärten und das Naherholungsgebiet an der Alb. Eine Verbesserung der Fußverkehrsführung kommt vielfältigen Nutzergruppen zugute.

 

  • ÖPNV:

Die Haltestelle „Battstraße“ soll im Zuge des Gesamtumbaus barrierefrei umgebaut werden und eine verbesserte Anbindung für Fußgänger und Radfahrer erhalten. Diese Optionen werden in der vorgenommenen Planung bereits aufgegriffen und entsprechend berücksichtigt. Durch die geplante Einrichtung des Gewerbegebietes „Seehof“ zwischen Karlsruhe und Ettlingen mit prognostizieren 3.000 Arbeitsplätzen wird die Haltestelle „Battstraße“ in Zukunft eine noch größere Bedeutung erfahren.

 

  • Kfz-Verkehr:

Die Reduzierung eines Kfz-Fahrstreifens zugunsten eines verbesserten Angebots für Fußgänger, Radfahrer und den ÖPNV ist als klare Push-Maßnahme in Richtung Stärkung des Umweltverbundes zu sehen. Die Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes ist durch diese Maßnahme nicht gefährdet. Gleichzeitig wird die Verkehrssituation für Fußgänger und Radfahrer deutlich komfortabler. Die bisherige Idee, die bestehenden Überkapazitäten für den Kfz-Verkehr als eventuelle Ausweichroute für Störungen auf der Autobahn A5 weiterhin vorzuhalten, wird mit der Reduzierung der Kfz-Fahrstreifen bewusst zugunsten des Umweltverbundes aufgegeben.

 

  • Klimaschutz:

Freiwerdende Verkehrsflächen werden immer auch als mögliche Standorte für Straßenbäume oder zumindest Straßenbegleitgrün geprüft. Weniger Kfz-Verkehr bedeutet natürlich auch weniger Lärm, weniger Emissionen und damit eine Steigerung der Lebensqualität im Umfeld der Herrenalber Straße.

 

  • Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium:

Da mit dem überörtlichen Radweg die Ortsdurchfahrt Karlsruhes verlassen wird, ist die Kooperation und enge Abstimmung mit dem Regierungspräsidium erforderlich. Eine erste Stellungnahme des Regierungspräsidiums zeigt bereits Konflikte mit den Vorgaben für einen Außerortsradweg. Hier müssen gemeinsam Alternativen (z.B. abweichende Maße, Verlegung der OD-Grenze) erörtert werden. Hier erwarten wir eine verbesserte Kommunikation, da das Regierungspräsidium direkt in das Projekt „KlimaMobil“ eingebunden ist und wir so auf kurzem Wege Lösungen besprechen können.

 

Bei Fragen zum Modellvorhaben der Stadt Karlsruhe wenden Sie sich gerne an:
Herrn Ulrich Wagner
Bereichsleiter Verkehr, Stadtplanungsamt
Stadt Karlsruhe
E: bereich.v@stpla.karlsruhe.de
T: 0721/133-6160

Herr Ulrich Wagner; Quelle: Stadt Karlsruhe

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